01.11.2022 | Phil.-hist. | Steigerung des Praxisbezugs

(K)ein Buch mit sieben Siegeln: Verwaltung im Spätmittelalter

© Universität Bern
Projekttitel (K)ein Buch mit sieben Siegeln: Verwaltung im Spätmittelalter
Projektleiterin / Projektleiter / Projektleitende Dr. Kaspar Gubler
Fakultät Phil.-hist.
Institut Historisches Institut
Projektlaufzeit FS 22 / HS 22

Abstract

Die Erschliessung theoretischer Inhalte durch praktisches Arbeiten stellt besonders in den Geisteswissenschaften eine besondere Herausforderung dar. Historische Originalquellen sind oft nur unter erschwerten Bedingungen zugänglich, so dass gerade beim Arbeiten mit Archivalien besondere Hürden zu überwinden sind. Hier will unser Lehrprojekt ansetzen und den Studierenden in mehrfacher Weise den Zugang zu Originalquellen nachhaltig erleichtern. Dazu arbeiten wir einerseits mit einem durch den SNF geförderten Projekt zusammen. Dort werden die Studierenden nicht nur bis heute kaum erforschte geistliche Verwaltungspraktiken kennen lernen, sondern auch den Umgang mit Originalquellen üben. Andererseits wollen wir aber auch den neuen Methoden der Digital Humanities gerecht werden, die den tatsächlichen Aufenthalt in Archiven durch die sorgfältige Digitalisierung von historischem Originalmaterial, inkl. der gründlichen und dennoch zeitschonenden Aufbereitung der Daten verkürzt. Angeleitet bei der praktischen Arbeit mit den digitalisierten Quellen werden die Studierenden innerhalb des Themas (geistliche und weltliche Verwaltungspraktiken im Spätmittelalter) ihre eigenen Interessen verfolgen und einhergehend die theoretischen Grundlagen erlangen. Am Ende werden die Forschungsergebnisse der Studierenden auf einer Onlineplattform präsentiert und publiziert, wodurch sie einer interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung stehen und dem erwähnten SNF-Forschungsprojekts als Pilotstudie dienen.

Methodisch-didaktischer Innovationsgehalt. Der geplante Kurs wird hauptsächlich in den Geschichtswissenschaften angeboten, also einem Fach, innerhalb dessen Studierende den Umgang mit grossen Literaturmengen gewohnt sind. Es hat sich aber gezeigt, dass nicht die ganze, für ein Seminar vorbereitete Literatur von den Studierenden nachhaltig verwendet werden kann und durch das zeitaufwändige Lesen das praktische Arbeiten zu kurz kommen wird. Aus diesem Grund wählt unser Kurs einen anderen Weg: Wir verzichten bewusst auf das Zusammenstellen eines Literaturkorpus am Anfang des Kurses und beginnen direkt mit dem Arbeiten an den Originalquellen. Erst wenn die Studierenden innerhalb des zu bearbeitenden Materials ihr Interessensgebiet gefunden haben, beginnt eine vertiefte Recherche- und Lesephase, die gezielt auf die Abschlusspräsentation der Studierenden ausgerichtet ist. Daneben wollen wir den Studierenden auch zeigen, welches Potenzial in der Verwendung von digitalen Tools zur Aufbereitung historischer Daten liegt. Uns ist bewusst, dass die Studierenden dabei sorgfältig angeleitet werden müssen, damit die Tools kritisch reflektiert werden können. Damit soll die Hemmschwelle zur Arbeit mit historischen Quellen wie auch mit Archivdaten senken.

Ziele. Kernziel des Kurses ist, die teilnehmenden Studierenden zur praktischen Quellenarbeit ohne langwierige Vorbereitungsphase zu motivieren. Die Studierenden werden innerhalb des Kurses viele digitale Tools zur Erhebung und Analyse historischer Textkorpora kennen- und anwenden lernen und damit auch einen wertvollen Beitrag zur Erforschung geistlicher Verwaltungspraktiken im Spätmittelalter leisten. Durch die gezielten Recherchearbeiten zu einem Thema im Interessensbereich der Studierenden soll der zentrale Stellenwert der Literaturrecherche und Lesephase den angehenden Historikerinnen und Historikern vermittelt werden. Mit diesem Kurs wollen wir ausserdem die Studierenden zur zeitgemässen Archivarbeit (Quellenerhebung, Digitalisierung, Datenverwaltung und -analyse). Wir sind sicher, dass die innovativen Elemente dieses Kurses einen nachhaltigen Effekt auf die Qualität und Quantität historischer Abschlussarbeiten innerhalb der Mediävistik und der Frühen Neuzeit haben wird.