Entschlackter Lernstoff

Erfahrungsgemäss haben Sie immer zu viel Stoff und zu wenig Zeit. Das beginnt mit dem Wissensvorsprung, den Sie gegenüber den Zuhörenden haben und geht weiter mit der Fülle verfügbarer Informationen im Internet. Der Versuch, das alles in die Lerninhalte zu verpacken, führt oft in die Vollständigkeitsfalle (Lehner, 2013). Dies zeigt sich mitunter durch die oft gesehenen Textwüsten auf Präsentationsfolien und erinnert an eine Aussage, die Einstein zugeschrieben wird: «Wenn du es nicht einfach erklären kannst, hast du es nicht gut genug verstanden». Der zusammenfassende Slogan lautet also:

Stoffreduktion statt Fachsermon!

Vermeiden Sie den «PowerPoint-Tsunami». Zur Reduktion auf das Wesentliche hilft das Zwiebelprinzip: Welchen Kern an Informationen benötigen die Lernenden im Minimum, um die geforderten Situationen (in den Lernergebnissen) zu meistern? Welche Inhalte können noch dazu kommen, wenn etwas Zeit bleibt (unwahrscheinlich)? Was ist unnötiger Ballast und muss delegiert werden (ins Selbststudium oder in eine andere Lehrveranstaltung)?

Wenn Sie die Studierenden eine Aufgabe bearbeiten lassen statt ihnen nur einen Lehrvortrag zu halten, lernen sie zwar erheblich mehr, benötigen dafür aber auch mehr Zeit. Umso wichtiger ist es, die Inhalte von Lehrveranstaltungen auf das Wesentliche zu beschränken. Also: Weniger Stoff, dafür mehr Verarbeitungszeit.

Als «Grossmeister» zum Thema Stoffverdichtung gilt in der Deutschen Didaktik Wolfgang Klafki, der dazu in die bildungsphilosophischen Tiefen getaucht ist und mit seinem Ansatz der Kategorialen Bildung (Klafki, 1991) unter anderem drei wesentliche Auswahlprinzipien für Lerninhalte fordert:

  • Das Elementare: grundlegende Prinzipien und Sachverhalte, die über sich hinausweisen.
  • Das Exemplarische: das (Proto-) Typische, der Einzelfall, der für grosse Bereiche eines Sachgebiets mit vergleichbarer Struktur steht.
  • Das Fundamentale: Basiserfahrungen und grundlegende Einsichten bei der Wahrnehmung der Welt
  • Berücksichtigen Sie Klafkis drei Auswahlprinzipien: Woran lassen sich grundlegende Prinzipien zeigen? Was ist das (Proto-) Typische? Welche fundamentalen Einsichten sollen bei den Lernenden wachsen, welche Basiserfahrungen sollen sie machen?
  • Bilder und Grafiken sagen oft mehr als Worte, wirklich aussagekräftige Illustrationen sind aber nicht einfach zu finden: Durchsuchen Sie Webseiten wie flaticon.com oder iconfinder.com. Noch besser: Zeichnen Sie selbst! Entweder Sie können zeichnen, oder Sie sorgen für allgemeine Erheiterung. Beides bringt Stimmung.
  • Must – Should – Could: Das Zwiebelprinzip zur Stoffreduktion nutzen. Dabei ist ganz wesentlich, dass die Lernergebnisse (learning outcomes) als «Stoff-Filter» dienen.
  • Metaphern und Analogien sind hoch wirksame Verdichtungen ― wenn sie im kollektiven Vorwissen mit Sicherheit verankert sind.
  • Slogans und Merksätze funktionieren besonders, wenn sie sich reimen («Sieben, Fünf, Drei – Rom schlüpft aus dem Ei»; «Erst das Wasser, dann die Säure, sonst geschieht das Ungeheure»; «Stoffreduktion statt Fachsermon!»; «Lieber Ziele bestimmen, statt in Inhalten schwimmen»). Lassen Sie die Lernenden auch selber Slogans formulieren und prämieren Sie die besten. Das ist eine wirksame kognitive Aktivierung.